Achillodynie
Was ist eine Achillodynie und was kann man dagegen tun?
Die Achillodynie („dynie“ = Schmerz) ist ein Schmerzsyndrom der Achillessehne – die Sehne, welche die Kraft der Muskulatur des hinteren Unterschenkels auf das Fersenbein überträgt. Wie auch bei dem Krankheitsbild des Golferellenbogens und des Tennisellenbogens, handelt es sich um eine Tendinopathie. Eine Tendinopathie ist eine nicht entzündliche, degenerative Erkrankung der Sehnen. Diese wird durch eine Fehl- und Überbelastung ausgelöst.
Um den genauen Prozess zu veranschaulichen, ist es wichtig, vorab auf die Aufgabe der Kollagenfasern einzugehen, die für die Entwicklung des Krankheitsbildes ausschlaggebend sind. Kollagene sind Proteine, die etwa ein Viertel der Gesamtproteinmenge im menschlichen Körper ausmachen. Sie kommen in Haut, Knochen, Sehnen, Knorpeln und Blutgefäßen vor.
Kollagen Typ I ist ein äußerst zugfestes Kollagen, weshalb es besonders in Sehnen zu finden ist und für eine reibungslose Kraftübertragung von Muskel auf Knochen sorgt. Kollagen Typ III ist eine weniger zugfeste Kollagenfaser, deren genaue Funktion bisher noch nicht abschließend ergründet ist.
Pathogenese
Eine gesunde Sehne hat einen hohen Anteil an Kollagen Typ I, weshalb sie auf Zugkräfte und Spitzenbelastung gut reagieren kann. Bei einer Fehl- beziehungsweise Überbelastung entstehen Mikroläsionen (kleinste Schädigungen im Gewebe). Dadurch werden vermehrt Blutgefäße und Kollagen Typ III in die Sehne eingebaut. Die Dehnbarkeit der Sehne nimmt auf diese Weise zwar zu, allerdings sinkt die Festigkeit der Sehne, was in den typischen Schmerzen resultiert. Ebenfalls steigt mit Fortschritt der Erkrankung das Verletzungsrisiko der Achillessehne.
Behandlung und Therapie einer Achillodynie
Die Frage, die sich nun stellt, lautet: Wie kann die Belastbarkeit einer Sehne beziehungsweise speziell der Achillessehne wieder an eine normale Belastung herangeführt werden? Wie können Schmerzen nachhaltig behoben werden?
Ein Forscherteam aus dem Jahr 2017 hat sich genauer mit diesem Thema befasst und eine Ansammlung von Studien ausgewertet.
Es wurden verschiedene Trainingsformen und Maßnahmen miteinander verglichen, wobei hauptsächlich exzentrisches Training anderen Interventionsformen gegenübergestellt wurde.
Die Studie fand heraus, dass exzentrisches Training eine größere Schmerzlinderung als konzentrisches Training erreichen konnte.
Ferner wurde das exzentrische Training mit der Therapie durch Dehnung verglichen. Hier wurde festgestellt, dass keine Unterschiede in der Beeinflussung des Schmerzlevels festgestellt werden konnten. Abschließend wurde das exzentrische Training mit einem langsamen, schweren Trainingsansatz verglichen, was allerdings auch kein aussagekräftiges Ergebnis für oder gegen eine Methode hervorbrachte.
Das Forscherteam kam so zu dem Schluss, dass keine direkte Empfehlung für eine bestimmte Trainingsmodalität ausgesprochen werden kann, es aber ein essenzieller Bestandteil der Tendinopathie-Therapie ist.
Weitere wichtige Erkentnisse aus der Forschung sind:
- Training stellt einen essenziellen Punkt in der Tendinopathie-Therapie dar
- Es kann keine genaue Empfehlung für eine Trainingsmodalität gegeben werden
- Dehnung kann ein Bestandteil der Therapie zur Schmerzlinderung sein
Unter exzentrischem Training versteht man eine nachgebende Bewegung. Zum Beispiel ist das Absenken des Armes (auch mit einem Gewicht in der Hand) eine exzentrische Bewegung. Konzentrisches Training ist im Gegenteil als eine überwindende Bewegung zu verstehen, zum Beispiel das Bewegen der Hand zur Schulter.
Trainingsplan und Muskelübungen
Anschließend möchten wir noch eine in Phasen aufgeteilte Trainingsplanung vorstellen, die man so bei einer anhaltenden Schmerzproblematik und diagnostizierten Achillessehnen-Tendinopathie über eine geeignete Physiotherapie hinaus anwenden könnte. Der Grund für die Unterteilung in verschiedene Phasen besteht in der Notwendigkeit einer progressiven Belastungssteigerung. So wird gewährleistet, dass sich die Sehne langsam wieder der Belastung anpassen kann und schlussendlich keine Schmerzsymptomatik mehr hervorruft.
Phase 1 (1-2 Wochen, alle Übungen 1x am Tag)
- Sitzendes Fersenheben 3×10 Wiederholungen
- Stehendes Fersenheben auf beiden Beinen 3×10 Wiederholungen
- Stehendes Fersenheben auf einem Bein 3×10 Wiederholungen
- Exzentrisches stehendes Fersenheben auf beiden Beinen 3×10
Phase 2 (2-5 Wochen, alle Übungen 1x am Tag)
- Stehendes Fersenheben auf beiden Beinen an der Treppe 3×15 Wiederholungen
- Stehendes Fersenheben auf einem Bein an der Treppe 3×15 Wiederholungen
- Exzentrisches stehendes Fersenheben auf beiden Beinen an der Treppe 3×15 Wiederholungen
- Sitzendes Fersenheben 3×15 Wiederholungen
Phase 3 (3-12 Wochen, alle Übungen 1x am Tag)
- Stehendes Fersenheben auf einem Bein an der Treppe mit Zusatzgewicht 3×15 Wiederholungen
- Exzentrisches stehendes Fersenheben auf beiden Beinen an der Treppe mit Zusatzgewicht 3×15 Wiederholungen
- Sitzendes Fersenheben 3×15 Wiederholungen
- Schnelles stehendes Fersenheben 3×20 Wiederholungen
- Plyometrisches Training
Phase 4 (3-6 Monate, alle Übungen 1x am Tag)
- Stehendes Fersenheben auf einem Bein an der Treppe mit Zusatzgewicht 3×15 Wiederholungen
- Exzentrisches stehendes Fersenheben auf beiden Beinen an der Treppe mit Zusatzgewicht 3×15 Wiederholungen
- Schnelles stehendes Fersenheben 3×20 Wiederholungen
- Unter exzentrischem Training versteht man in diesem Fall ein ca. 3 Sekunden langsames Absenken der Ferse Richtung Boden.
- Unter schnellem Training versteht man in diesem Fall eine dynamische Bewegung ohne Pause
Hinweise zur Durchführung des Trainingsplans – Schmerzen und Belastung
Bei der Therapie ist eine Kontrolle der Achillessehnenschmerzen essenziell. Hier wird eine sogenannte NPRS (Numeric Pain Rating Scale) benutzt, die von 0-10 reicht. 0 stellt hier keinen Schmerz dar, wohingegen 10 der schlimmste je erfahrene Schmerz ist. Während und nach der Übungsausführung darf dieser nicht stärker als eine 5 sein. Auch darf der Schmerz am Morgen nach dem Training nicht stärker als 5 sein und sich im Laufe der Wochen nicht verstärken. Sollte dies passieren, müssen eine Anpassung oder Verringerung der Belastung erfolgen. Dies kann über eine Verringerung der Wiederholungen oder der Sätze passieren.
Idealerweise kann das Vorgehen bei einer Achillessehnenruptur (Achillessehnenriss) mit dem behandelnden Physiotherapeuten besprochen werden. Darüber hinaus ist eine langsame und kontrollierte Ausführung besonders wichtig, wenn nicht anders angegeben. Abschließend muss zudem betont werden, dass jegliche Tendinopathien einen äußerst langwierigen Heilungsprozess erfordern und ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Disziplin nötig sind, um eine erfolgreiche Behandlung garantieren zu können.
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- Millar, N. L., Silbernagel, K. G., Thorborg, K., Kirwan, P. D., Galatz, L. M., Abrams, G. D., Murrell, G., McInnes, I. B., & Rodeo, S. A. (2021). Tendinopathy. Nature reviews. Disease primers, 7(1), 1. https://doi.org/10.1038/s41572-020-00234-1
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